Mini-Atomkraftwerke unterm Weihnachtsbaum?

Warum Söders Nuklearträume kein Geschenk sind

Wenn Markus Söder über „Mini-Atomkraftwerke“ spricht, müssen viele unwillkürlich an Loriot denken.
In der legendären Szene aus „Weihnachten bei Familie Hoppenstedt“ steht plötzlich ein Heim-Atomkraftwerk zwischen den Geschenken unter dem Baum – später kippen Kühe, Tiere und halbe Landschaften im Comicstil um.
Damals war das Satire. Heute wirken manche Aussagen aus der Staatskanzlei, als wolle jemand genau diesen Sketch in die Realität überführen.

Wir haben dieses Bild aufgenommen und ein eigenes Visual dazu erstellt: ein Mini-Reaktor unterm Weihnachtsbaum, hübsch verpackt – als Symbol für eine energiepolitische Idee, die zwar „mini“ klingt, aber Folgen hat, die alles andere als klein sind.

Söders Verweis auf Kanada – und die Realität dahinter

Söder beruft sich gerne auf Kanada und behauptet, dort würden sogenannte Small Modular Reactors (SMR) bereits erprobt oder stünden kurz vor dem flächendeckenden Einsatz.

Schaut man genauer hin, ergibt sich ein anderes Bild:

• In der Provinz Ontario plant der staatliche Energieversorger zunächst den Bau eines einzigen SMR vom Typ BWRX-300.
• Die kanadische Aufsichtsbehörde hat 2025 eine Baugenehmigung für diese eine Einheit erteilt, doch Fertigstellung und Inbetriebnahme werden frühestens um 2030 erwartet.
• In der Provinzstrategie ist langfristig von bis zu vier Reaktoren dieses Typs die Rede – aber das bleibt derzeit Planung, kein realer Betrieb.

Kurz gesagt:
Ein Reaktor im Bau, mehrere in der Planung – aber kein einziges SMR in Kanada, das heute am Netz ist oder Routinebetrieb zeigt.

Weltweit in Betrieb: Nur zwei SMR – mit ernüchternden Ergebnissen

Oft wird suggeriert, SMR seien weltweit ein Erfolg. Die Fakten sprechen eine andere Sprache:

• Derzeit existieren nur zwei SMR-Designs, die weltweit im Normalbetrieb laufen: ein kleines russisches und ein chinesisches Projekt.
• Beide Systeme zeigen laut internationalen Daten extrem niedrigeAuslastungen: rund 26 % bzw. 30 % Lastfaktor im Jahr 2022 – deutlich unter dem Niveau konventioneller Reaktoren.

Von einem erprobten, zuverlässigen „Mini-Kraftwerk der Zukunft“ kann keine Rede sein.

Die Mär vom „Mini-Risiko“ – ein gefährlicher Irrtum

Der Begriff „Mini-Atomkraftwerk“ klingt, als wäre das Risiko gleich mitgeschrumpft.
Aber die Wissenschaft ist eindeutig:

Radioaktiver Müll bleibt radioaktiver Müll

• Auch SMR erzeugen hochradioaktive Abfälle.
• Diese müssen – wie bei Großreaktoren – über hunderttausende Jahre sicher gelagert werden.

Kanada sucht noch immer nach Lösungen

• Für gebrauchte Brennelemente wurde 2024 zwar ein Standort ausgesucht 

• aber: Das Endlager existiert nicht – Genehmigung, Bau und Inbetriebnahme liegen Jahrzehnte in der Zukunft.
• Zusätzlich bereitet die kanadische Entsorgungsorganisation ein zweites Tiefenlager für andere hochradioaktive und intermediäre Abfälle vor.

Mit anderen Worten:
Weder Kanada noch andere Länder haben das Entsorgungsproblem gelöst – Mini-AKW schaffen höchstens neue.

SMR sind nicht billiger – oft sogar teurer

Mehrere Studien zeigen, dass die Kostenversprechen der Hersteller systematisch zu optimistisch sind.
Viele der Designs existieren vor allem auf dem Reißbrett.
Wo gebaut wurde, kam es zu Kostenexplosionen und Verzögerungen – nur eben im kleineren Maßstab.

Und wir in Niederbayern?

Während Bayern über Mini-Reaktoren spricht, läuft in Deutschland weiterhin das Verfahren zur Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll.
Dabei werden auch potenzielle Regionen in Ostbayern betrachtet.

Es wirkt daher wie ein schlechter Loriot-Sketch:

Vorne hübsche Bilder von „Mini-Reaktoren“.
Hinten ein riesiger Berg an Atommüll, der irgendwo hin muss – vielleicht auch in den Bayerischen Wald.

Als Grüne im Landkreis Deggendorf sagen wir klar:

Wer neue Atomabfälle produziert, muss auch sagen, wo sie landen sollen.
Bis heute gibt es weltweit kein fertiges, funktionierendes Endlager.

Was wirklich Zukunft hat: erneuerbare Energie hier vor Ort

Die Alternativen sind längst verfügbar:

• Solarenergie
• Windkraft, die auch in Bayern stark ausgebaut werden könnte
• Speicher und Netze, die Flexibilität schaffen
• Energieeffizienz, die Kosten und Verbrauch senkt

Diese Lösungen:

• sind günstiger,
• machen uns unabhängiger von Autokraten,
• sind klimasicher,
• und sie erzeugen: keinen strahlenden Müll.

Unser Fazit

Mini-Atomkraftwerke unter dem Weihnachtsbaum funktionieren wunderbar als Loriot-Witz – aber nicht als Energiepolitik für Bayern.

Gerade für eine Region, die in der Endlagersuche eine Rolle spielen könnte, gilt:

Zukunft baut man sauber – nicht radioaktiv.
Der Bayerische Wald braucht erneuerbare Energie, keine Mini-Reaktoren.

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