Es braucht eine Verkehrswende – auch im ländlichen Raum 30. Juli 20212. August 2021 Radfahrer ausgesperrt! „Radeln für’s Klima“ oder „Radeln macht schöner“, so skandierten die Teilnehmer der ersten Fahrradkundgebung im Landkreis Deggendorf an der neuen Plattlinger Isarbrücke. Zu der Fahrradaktion aufgerufen hatte ein Aktionsbündnis aus Grünen/Bündnis 90, Bund Naturschutz, Fridays for future und parents for future, sowie ödp, VCD, LBV und der Deggendorfer Gruppe von German Zero. All diese Gruppierungen setzen sich ein für rasche Maßnahmen gegen den Klimawandel. Organisiert wurde die Aktion vom Bundestagskandidaten der Grünen/Bündnis 90, Matthias Schwinger. Die etwa 70 Radfahrer trafen sich am Oberen Stadtplatz in Deggendorf und fuhren dann gemeinsam über die Donau nach Plattling zur Brücke an der neuen Ortsumgehung. Direktkandidat Matthias Schwinger und Grünen-Kreisrätin Brigitte Reinhardt Hier stellte Schwinger fest „Es ist Fakt, dass wir im Verkehrssektor die Einsparziele verfehlen wie in keinem anderen Bereich. Damit mehr Menschen Radfahren, benötigen wir aber ein gutes und sicheres Radwegenetz. Die neue Isarbrücke, eine 70 Millionen Euro teure Brücke, die zwar den Schwerlastverkehr aus Plattling abzieht, aber unter Verzicht auf einen Geh- und Radweg ist ein Sinnbild für eine rückwärtsgewandte Politik des ‚weiter so‘“. Kurze Fahrten mit dem Rad zu machen statt mit dem Auto kann einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. „Wir alle stehen hier, weil wir auch in Deggendorf eine Verkehrswende brauchen und wollen“, erklärte Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz Georg Kestel, der neben Matthias Schwinger (Grüne), Kurt Bayer (VCD) und Rolf Sihr (ÖDP) einer der Redner an der noch abgesperrten Zufahrt zur neuen Isarbrücke war. „Die Absperrung ist, auch wenn sie natürlich der Sicherung der Baustelle dient, doch auch als Symbol zu verstehen: für alle die, die nicht mit motorisierten Kraftfahrzeugen unterwegs sind, bleiben bisher Straßen, Brücken und der Großteil der für den Verkehr ausgegebenen Mittel verschlossen. Das muss sich ändern.“ Kestel kritisierte jedoch das Bauamt und bezeichnete es als „Unverschämtheit“, dass als Grund für diesen „Planungsmangel“ der Naturschutz als Begründung angeführt wurde. „Wenn es das Straßenbauamt und die Stadt Plattling mit dem Naturschutz ernst meinen würden, würden sie dafür sorgen, dass endlich auch das Umgehungsgewässer zu der Staustufe Pielweichs gebaut wird. Denn dieses wurde im Gerichtsverfahren zur Ortsumfahrung noch großartig als Garant für die Durchgängigkeit der Aue unter der neuen Isarbrücke angeführt. Kaum war die Ortsumfahrung aber genehmigt, war das der Stadt Plattling wieder wurscht, stattdessen verzögert eine Klage der Stadt und anderer Kommunen das Ersatzfließgewässer weiter“, ergänzte Kestel dazu. Er bezog sich außerdem auf eine „Infrastrukturkonferenz“, zu der MdB Thomas Erndl (CSU) vor wenigen Tagen eingeladen hatte. Hier seien jedoch praktisch ausschließlich Straßenbauvorhaben präsentiert worden. „Das ist Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrhundert und für die Vergangenheit“, betonte Kestel mit einem Blick auf die Auswirkungen des Klimawandels. „Zu den in der Infrastrukturkonferenz auch angesprochenen Radwegen entlang von Bundes- und Staatsstraßen kann man sich auf der Webseite des Straßenbauamtes eine Karte ansehen. Blendet man die Kfz-Straßen aus, sieht man, was diese Bruchstücke für ein erbärmliches Bild abgeben.“ Die „immer noch falschen Prioritäten“ sehe man exemplarisch an der Mittelausstattung in Bayern von 40 bis 50 Millionen Euro als jährliche Förderung für den Radwegebau. Allein diese Isarbrücke wird am Ende wohl fast das Doppelte verschlingen. Kestel forderte, dass das Straßenbauamt zu einem „Mobilitätsamt“ umstrukturiert werden müsse. Das Amt müsse vorrangig die Aufgabe bekommen, den ÖPNV sowie die Radwegenetze voranzubringen. Ebenso machte er sich dafür stark, alle Schulen mit Be- und Entlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung auszurüsten. „Es ist kaum hinzunehmen, dass zwar öffentliche Mittel im zweistelligen Millionenbereich für eine dritte Donaubrücke in Deggendorf verplant werden, aber die Schaffung von vernünftigen Lernumgebungen an den Schulen nicht voran kommt.“ Der BUND ist der Meinung, dass wegen der Untätigkeit der verantwortlichen Politiker die Bürger selbst anpacken müssten. „Wir rufen daher dazu auf, die Bürgerbegehren‚ Deggendorf klimaneutral bis 2035‘ zu unterstützen. Damit soll in Stadt und Landkreis die Verkehrspolitik genauso auf den Prüfstand wie die Baupolitik und die Energie- und Stromversorgung.“ Am Ende der Kundgebung schallte es aus den Reihen der Teilnehmer „Scheuer muss weg!“